Reisen, so wie wir es tun, lehrt uns, flexibel zu sein. Immer wieder gibt es Umstände, die uns unsere Reiseroute ändern lassen. Sei es schlechtes Wetter, unpassierbare Straßen oder politische Krisen wie in Ecuador
Da wurde Anfang Januar der Ausnahmezustand ausgerufen. Einer der großen Drogenbosse hatte sich unerlaubt aus dem Gefängnis entfernt. Der Präsident will ihn nun mit Hilfe des Militärs wieder einfangen und mischt die Drogenkartelle im Land auf. Die nehmen das nicht kampflos hin und es kommt zu Unruhen.
Unser Problem ist, das durch Ecuador der einzig mögliche Weg ist, um nach Kolumbien zu kommen, von dort wollen wir entweder nach Panama oder Mexiko weiterreisen. Eine andere Möglichkeit wäre durch das Amazonasgebiet Brasiliens und Venezuela. Jetzt ist aber Regenzeit und die Straßen sind unpassierbar.
Wie geht’s also weiter? In den Medien lesen wir von Schießereien und einem Überfall auf einen Fernsehsender in Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors. Wir hören uns in den WhatsApp Gruppen um. Bekannte, die sich im Land befinden, haben von den Unruhen gar nichts mitbekommen. Sie werden aber von der Polizei aufgefordert, nachts auf Campingplätze zu fahren. Es sei ruhig im Land und sie alle haben keine Bedenken, weiter durch Ecuador zu reisen.
Wir sind eh noch mindestens 4 Wochen in Peru und hoffen mal, dass bis dahin der Ausnahmezustand vorbei sein wird. Mit unseren gesammelten Informationen und der Erfahrung, dass die Realität selten den Pressemeldungen entspricht und unserem Bauchgefühl, das uns bisher selten getäuscht hat, entscheiden wir uns weiter gen Norden zu fahren.
Von Lima wollen wir durch die Anden. Es dauert Stunden, bis wir aus dem dichten chaotischen Stadtverkehr die Großstadt hinter uns lassen.

Der Panamericana folgen wir etwa 100 Kilometer am Meer entlang. Die Orte, durch die wir kommen, sind fürchterlich dreckig und vermüllt. Wir sind froh, endlich in die Berge abbiegen zu können.
Kurz vor unserem geplanten Übernachtungsplatz blockiert ein Erdrutsch die Straße. Durch den vielen Regen der letzten Wochen gerät das Erdreich in Bewegung. Wir hatten schon von unpassierbaren Straßen aufgrund von Erdrutschen gehört.
Vor uns steht schon eine lange Schlange von Fahrzeugen. Die Wartenden erzählen uns, dass schon Räumfahrzeuge im Einsatz sind und wir ganz sicher heute Abend weiterfahren können. Da es aber ohnehin bald dunkel wird, parken wir auf einem Platz neben der Absperrung und richten uns für die Nacht ein. Wieder einmal sind wir so froh, unser Haus immer dabei zu haben.

Am Morgen ist die Straße frei und unser Weg führt uns entlang eines reißenden Flusses immer höher durch anfangs schroffe, felsige Berge.
Dann wird es grün und wir bestaunen, in welch harter Arbeit die Bewohner dieser Gegend ihre Felder in den steilen Hängen beackern. Mais, Dicke Bohnen, Erbsen und Kartoffeln werden hier angebaut.

Irgendwann erreichen wir eine Hochebene mit einer Lagune, umgeben von Sümpfen, in denen das Schmelzwasser der Gletscher gespeichert wird, um dann als Gebirgsbach ins Tal zu fließen.















Wir überqueren den Pass in dichtem Nebel, fahren vorbei an einer türkisblauen Lagune. Dann führt die Straße mitten durch die Mine Raura.

Gespenstisch wirkt die Minenstadt hinter hohen Zäunen. Wir sehen große, mit Folie ausgelegte Becken. Das Ganze wirkt auf mich wie eine riesige Wunde in dieser überwältigend schönen Bergwelt. Zum Abbau der Erze, in Raura ist das hauptsächlich Zink, wird viel Wasser benötigt. Das pumpt man hier oben aus den Lagunen mit sauberem Gletscherwasser. Die Abwässer, verschmutzt mit großen Mengen Arsen, Blei und Quecksilber werden ungereinigt abgeleitet. Ich lese von Bleivergiftungen der Bevölkerung durch vergiftetes Trinkwasser. Erkrankte Kinder, die ärztlich behandelt werden müssten, wenn ihre Eltern denn Geld dafür hätten. Menschen, die für ihren Protest gegen diese Umweltverschmutzung kriminalisiert werden und Minenbetreiber, die ungestraft die Natur zerstören. Deutschland importiert zu 100 % mineralische Rohstoffe und über die Hälfte davon stammt aus Peru. In jedem unserer Autos und Elektrogeräte steckt ein Teil davon. Mit einem beklemmenden Gefühl fahren wir weiter durch die düstere, neblige, so wunderschöne Landschaft.
Dann reißen die Wolken auf und wir halten wieder einmal inne vor Ehrfurcht ob dieser traumhaften Kulisse.



Bald durchfahren wir die erste größere Ortschaft seit langem. Hausschweine streifen auf der Suche nach Futter durch die Straßen, auf dem Dorfplatz spielen sie Volleyball und die Dorfjugend bolzt auf dem Fußballplatz.



Es dämmert schon. Einige Kilometer außerhalb des Dorfes parken wir unseren Landy etwas abseits der Straße mitten in einer Ebene, umgeben von den Gipfeln der Cordillieren.

Am Morgen begrüßt uns Marco. Seine kleine Finca mit 2 Kühen, Hühnern und Gänsen liegt oberhalb der Straße. Er ist stolz, hier zu leben und heißt uns herzlich willkommen, denn Touristen verirren sich hierher nur selten.

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